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Dr. Gunter Berauer
Dr. Gunter Berauer alias Dipol (2021) * 19.12.1940 © Dr. Gunter Berauer

Dr. Gunter Berauer | Ingenieurschule 1961 - 1964

Meine Zeit...

...an der Staatlichen Ingenieurschule für Maschinenwesen Krefeld Herbst 1961 bis Sommer 1964. Ein retrospektives Plädoyer von Gunter Berauer.

Nach dem Besuch des Fichtegymnasiums in Krefeld und dem Abschluss der Mittleren Reife im Jahre 1957, gefolgt von einer praktischen Ausbildung als Rundfunk- und Fernsehtechniker, verschiedener Industriepraktika und dem Besuch der Berufsaufbau-Abendschule in Krefeld begann ich, mit dem Zeugnis der Fachschulreife in der Tasche, im Herbst 1961 das Studium der Elektrischen Nachrichtentechnik an der Staatlichen Ingenieurschule für Maschinenwesen Krefeld (der SIS). Allerdings erst nach einer damals für alle Bewerber obligatorischen Aufnahmeprüfung. Die praktische Ausbildung hatte bei mir viele Verständnisfragen über die Funktion der technischen Anlagen und Geräte offengelassen, die ich kennengelernt und auch damit umzugehen gelernt hatte. Und das besonders bei den Apparaten der elektrischen Nachrichtentechnik, weil man eben den elektrischen Strömen beim Fließen nicht zuschauen kann. So bin ich mit Neugierde und Interesse das Ingenieurstudium angegangen und habe im Laufe des Studiums auch Antworten auf viele meiner Fragen gefunden.
Die SIS war damals als Provisorium in verschiedenen Räumen der Textilingenieurschule (der TIS) am Frankenring und anderen umliegenden, teils auch älteren, historischen Gebäuden untergebracht, wie z.B. in einem Überbleibsel der alten Webschule, wir sprachen vom „Webstall“. Das Lernen in kleinen Hörsälen in gleichbleibendem Klassenverband wie im Gymnasium, und in höheren Semestern das Arbeiten in kleinen Gruppen in den Laboren im Keller der TIS war meiner Art der Wissensaufnahme gut angepasst. Der Besuch der SIS hat mir Spaß gemacht und ich habe wirklich gerne studiert.

Im Jahre 1962, ich war im zweiten Semester, wurde ich Mitglied der Technischen Verbindung Borussia Magdeburg zu Krefeld, der TVB. Einer Studentenverbindung, die schon 1906 an der Magdeburger Maschinenbauschule von ein paar Studenten ins Leben gerufen und nach dem zweiten Weltkrieg von einigen Alten Herren aus der Magdeburger Zeit im Jahre 1958 an der SIS Krefeld reaktiviert worden war, d.h. sich eine neue Jungmannschaft zugelegt hatte. Der erste Rektor der SIS, Baudirektor Dr. Ing. Wüstehube (siehe Foto), der selbst ein Verbindungsstudent gewesen war, hatte das Ansinnen der alten Magdeburger tatkräftig unterstützt, wofür die TV Borussia ihn auch später zum Ehrenmitglied ernannte. Es hatten sich bei der ersten Veranstaltung 1958 so viele Studierende der SIS eingefunden, dass wir mit einer stattlichen Jungmannschaft loslegen konnten. Etliche Jahre trafen sich die Borussen zu ihren Abendveranstaltungen (den Kneipen) und den Versammlungen (den Konventen) in der gutbürgerlichen Gaststätte Spoul am Südwall, die uns geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hatte. Leider wurde das schöne Gebäude mit seiner historischen Fassade später von einer Möbelfirma genutzt und, man muss es leider so formulieren, ordentlich verschandelt.

Die Ingenieurschule zu besuchen war für mich eine gute Entscheidung, der Eintritt in die Verbindung ebenso. Das gesellige Beisammensein, die ungezwungen-lockere Pflege studentischer Traditionen und Rituale, das Singen schöner alter Studentenlieder – all das war für mich eine ideale Ergänzung zum Studienalltag und gab mir auch Geborgenheit in einer für mich noch fremden Welt. Nicht zu vergessen auch die Konvente und Veranstaltungen, auf denen ich die freie Rede einüben, selbst Vorträge halten, diszipliniertes Diskutieren lernen und mein Klavierspiel verbessern konnte, die Tanz- und Stammtischabende, auf denen ich auch gesellschaftliche Praktiken und Tugenden einüben konnte und der gemeinsame Besuch von kulturellen Veranstaltungen. Zwei Semester hatte ich auch im Vorstand der Aktivitas als Charge (so nennen wir die Führungspersonen) Gelegenheit, Führungspraktiken und das Planen und Organisieren von Veranstaltungen, wie etwa großer Stiftungsfeste, zu lernen und auf diesem Wege auch meine soziale Kompetenz zu verbessern. Als Charge hatte man auch die Aufgabe, Kontakte zu den anderen Verbindungen zu pflegen, von denen es damals an SIS und TIS eine ganze Reihe gab, wobei ich auch lernen konnte und musste, wie man sich in einer Gruppe von zunächst fremden Personen korrekt vorstellt, einführt und verhält. All das hat mir später im beruflichen wie im privaten Leben sehr viel geholfen.
Eine Verbindung ist für ihre Mitglieder ein Lebensbund. Auch wenn die große Zeit der Studentenverbindungen vorbei ist und wir keine Jungmannschaft mehr haben, als „Altherrenverband“, dem heute natürlich auch viele Damen angehören, existiert die Technische Verbindung Borussia Magdeburg zu Krefeld e.V. immer noch und feiert in diesem Jahr ihr 115. Stiftungsfest. -- Und ich gehöre dazu. Auch das verdanke ich der damaligen Staatlichen Ingenieurschule für Maschinenwesen Krefeld.
Somit kann ich zusammenfassend sagen, dass für mich der Besuch der SIS Krefeld ein voller Erfolg war. Der es mir, da ich mit dem Abschluss auch die Hochschulreife zuerkannt bekam, auch ermöglichte, an der Technischen Hochschule Aachen noch ein Hochschulstudium anzuschließen. Auch im Studium an der SIS waren mir viele Fragen nach dem Warum und Wie und nach dem Funktionieren der real-physikalischen Welt und den sie regierenden Gesetzen offengeblieben und auch viele neue Fragen hinzugekommen, auf die ich dann in meinem Hochschulstudium zumindest zu einem gewissen Teil wissenschaftliche Antworten gefunden habe. Etliche Fragen blieben natürlich auch dann noch unbeantwortet. Und bis heute im Jahre 2021, im Alter von 80 Jahren, bin ich immer noch neugierig geblieben und suche weiter nach Antworten auf die große Frage, was unsere Welt im Inneren zusammenhält.