Die Stadtwerke Düsseldorf gestalten die Energiewende aktiv mit. Dabei fördern wir auch den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft durch Hochschulkooperationen. So entstehen innovative Ansätze, um zukünftige Probleme zu lösen. Eines der jüngsten Beispiele ist unsere neue Web-Applikation „Energieberatung Express“. Der Service ist zusammen mit der Hochschule Niederrhein entstanden und vereinfacht die energetische Gebäudesanierung für private Eigentümer.
Prof. Dr.-Ing. Jörg Meyer, Leiter des SWK E² - Institut für Energietechnik & Energiemanagement der Hochschule Niederrhein und Philipp Meidl, Leiter der Energieberatung der Stadtwerke Düsseldorf, sprechen im Interview über den neuen Online-Service.
Journal: Herr Professor Meyer,das Stichwort „Energiewende“ verbinden viele zuerst mit dem Ausbau erneuerbarer Energien. Wie fällt die Gebäudesanierung da ins Gewicht?
Jörg Meyer: Neben dem Einsatz von neuen Technologien und dem Ausbau erneuerbare Energien ist die Reduzierung des Energiebedarfs – also das „Energiesparen“– eine wichtige Säule. Ohne eine umfassende Sanierung, die den Energiebedarf in den Bestandsgebäuden reduziert, wird die Energiewende nicht gelingen.
Journal: Warum ist es klimapolitisch wichtig, auch Privatpersonen für Gebäudeenergieeffizienz zu sensibilisieren?
Jörg Meyer: Etwa 44% des deutschen Wärmebedarfs entfallen auf die Haushalte. Im privaten Bereich sind über 90% Bestandsgebäude. Sogar mehr als 60% der Gebäude wurden vor 1972 errichtet. Wenn wir 2050 einen klimaneutralen oder CO2-freien Gebäudebestand haben möchten, ist auch das Engagement der Privatpersonen entscheidend.
Journal: Herr Meidl, die Erreichung der Klimaziele ist wichtig. Aber haben Privatpersonen auch weiteren Nutzen von einer energetischen Sanierung?
Philipp Meidl: Ja, auf jeden Fall. Von korrekt saniertem Wohnraum profitiert nicht nur das Klima, sondern auch die Bewohner. Sie sparen Heizenergie und die Wohnung wird deutlich behaglicher, denn kaum etwas ist abends auf dem Sofa ungemütlicher als Kälte abstrahlende Außenwände und Zugluft um die Füße.
Journal: Gibt es Durchschnittswerte zu Effizienz- und Einsparpotenzialen?
Philipp Meidl: Es kommt hier natürlich sehr auf den Zustand des Gebäudes an. Realistisch können aber zwei Drittel der Heizenergie eingespart werden. In Einzelfällen sogar bis zu 80 %.
Journal: Die Energieberatung Express vereinfacht Hausbesitzern erste Sanierungsschritte enorm. Glauben Sie, dass sich über einfache, digitale Services so erste Hürden abbauen lassen?
Jörg Meyer: Ein klares „Ja“. Ein großes Hemmnis ist oft das fehlende Wissen: Welche konkreten Maßnahmen sind am sinnvollsten? Welche Förderprogramme gibt es? Das sind die zentralen Fragen. Der Service Energieberatung Express der Stadtwerke Düsseldorf liefert hier unkompliziert und schnell zuverlässige Informationen.
Journal: Wie ist die Idee zur Energieberatung Express entstanden?
Jörg Meyer: Bei einer Schadenmeldung für die Versicherung. Es ist für Privatpersonen mittlerweile eine Selbstverständlichkeit, Informationen zum Schadenhergang inklusive Fotos hochzuladen. Das gleiche gilt für Verkaufsangebote im Internet. Warum also sollte für Privatpersonen das Bereitstellen von Basisinformationen für eine erste Energieberatung eine Hürde sein?
Journal: Welche Informationen können Sie allein anhand der Fotos schon liefern?
Philipp Meidl: Die Bilder liefern einen guten Einblick in den Zustand und das Alter. Unsere Experten erkennen darauf sofort, ob das Dach von innen gedämmt wurde oder die Heizung in die Jahre gekommen ist. So können wir schnell wertvolle Tipps geben, welche Sanierungsschritte am Gebäude direkt anstehen und welche noch Zeit haben. Dämmstoffdicken oder Wärmeverluste können wir anhand der Bilder natürlich nicht bestimmen. Dafür bieten wir eine Folgeberatung mit Vor-Ort-Termin und Energiecheck.
Journal: Wie lange hat die Entwicklung von der Idee bis zum fertigen Web-Applikation gedauert?
Philipp Meidl: Gar nicht so lange. Wir haben uns bewusst für eine Web-Umsetzung und ein schlankes Vorgehen entschieden. Wir konnten eine erste Version so schnell testen und Rückmeldungen der Kunden sammeln. Dafür haben wir ungefähr ein halbes Jahr benötigt.
Journal: Was waren die Herausforderungen bei der Entwicklung?
Philipp Meidl: Die Dosierung der Informationen. Die Kunden sollen möglichst wenig Aufwand haben, wir brauchen jedoch aussagekräftige Informationen, um individuelle Empfehlungen aussprechen zu können.
Journal: Welche Rolle spielt die Digitalisierung allgemein bei Energieeffizienz und Klimaschutz?
Jörg Meyer: Die Digitalisierung hat große Bedeutung bei der Schaffung von Transparenz, also dem Bereitstellen von Informationen für die Energieberatung. Ebenso wichtig ist sie bei der Reduzierung des Energiebedarfs. Die Automatisierung von Beleuchtung, Heizungen etc. kombiniert mit sinnvollen Aktionen, z.B. Licht in Räumen ausschalten, in denen sich niemand aufhält, kann einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Journal: Wollen Sie das Angebot in Zukunft noch ausbauen?
Philipp Meidl: Auf jeden Fall. Wir haben das Design gerade angepasst und noch kundenfreundlicher gestaltet. Das Angebot werden wir um Fenster, Kellerdecke und Außenwände erweitern. Es gibt auch Ideen, die Sanierungsvorschläge von einem Computersystem erarbeiten zu lassen. Es würde somit ein vollautomatischer Service entstehen, der nahezu in Echtzeit erste Ergebnisse liefern könnte. Hier sprechen wir aber über einen größeren Entwicklungs- und vor allem Anlernzeitraum.
Journal: Das klingt spannend! Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihren anstehenden Projekten. Danke für Ihre Zeit!