Geschichte und Kutur der Textilindustrie im historischen Mönchengladbach
Die „Geschichtswerkstatt Mönchengladbach“ hat sich im Sommer 2021 mit der Geschichte der Textilindustrie in Mönchengladbach-Rheydt beschäftigt. Herausgekommen ist dabei eine Aufsatzsammlung zu verschiedenen Themen, von denen einige als Vorträge vorgestellt werden sollen.
Die ehedem die gesamte Industrie im Gladbach-Rheydter Bezirk dominierende Textilindustrie hatte ihre große Zeit insbesondere in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg und ihr Niedergang begann in den
1960er Jahren, als immer mehr Betriebe schlossen und die Produktion ins Ausland abwanderte. Über 150 Jahre prägte diese Industrie das Stadtbild und die Menschen in Mönchengladbach.
Die letzten großen Textilbetriebe schlossen in den 1980er Jahren. Im Vergleich zum Ruhrgebiet, wo immer wieder große Demonstrationen von Kohlekumpeln und Stahlarbeitern über Jahre für Medienwirksamkeit sorgten, lief der textile Niedergang hier am Niederrhein recht geräuschlos ab. Übrig blieb eine hohe (Langzeit-)Arbeitslosigkeit und ein immer noch nicht abgeschlossener Strukturwandel.
Freitags / 12:15 – 13:45 Uhr
Campus Mönchengladbach / Gebäude Z / Raum ZE 33
Paralle Live-Übertragung in ZOOM
Einmalige Anmeldung und Zugangsdaten per Mail unter faust@hs-niederrhein.de
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Vortrag 01: - - - Der Vortrag entfällt - - -
Freitag / 27.05.2022 / 12:15 – 13:45 Uhr
Campus Mönchengladbach / Gebäude Z / Raum ZE 33 / + live in ZOOM
Textilindustriegeschichte als Familiengeschichte.
Historische Forschung im eigenen Umfeld
Prof.in Marianne Bechhaus-Gerst
Für viele Menschen in Mönchengladbach/Rheydt ist die Geschichte der Textilindustrie eng verwoben mit der Familiengeschichte. Meine Urururgroßeltern gehörten zu den frühen Arbeitsmigrant:innen, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts ihr Glück in der niederrheinischen Textilindustrie suchten. Sie kamen als Katholiken in das damals noch mehrheitlich protestantische Rheydt, bauten ein Haus in der katholischen Enklave Rheydt-Schrievers an der Bachstraße und begründeten eine „Dynastie“ von Textilarbeiter:innen: Baumwoll- und Seidenweber:innen und Spinner:innen, Kettenscherer:innen, Egalisierer:innen – über Generationen hinweg arbeiteten die Frauen und Männer meiner Familie in Textilberufen.
Ich möchte mich in meinem Vortrag auf die ersten zwei Generationen meiner Familie konzentrieren, die in der Hausweberei ihr Auskommen zu inden versuchten, dann aber mit den veränderten Lebens- und Arbeitsbedingungen im Zuge der Mechanisierung der Textilindustrie fertig werden mussten.
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Vortrag 02 / - - - Achtung: NEUER TERMIN - - -
Donnerstag I 02.06.2022 / 12:15 – 13:45 Uhr
Campus Mönchengladbach / Gebäude Z / Raum ZE 33 / + live in ZOOM
King Cotton an der Niers
Karl Sasserath
Die Verlegung der Zollgrenze an die rechte Rheinseite durch Kaiser Napoleon I und die Baumwolle als neuer Rohstoff bilden zwei wichtige Faktoren für den Aufstieg der Städte M.-Gladbach, Odenkirchen und Rheydt zu einem der textilen Zentren auf dem europäischen Kontinent. In seinem Vortrag verfolgt Karl Sasserath die Herkunft der ersten Baumwolle, die am Anfang des 19. Jahrhunderts als globaler Rohstoff neben den Flachs, aus dem das Leinen gewonnen wird und die Schafswolle als regional erzeugte textile Fasern tritt.
Wo kamen die stetig wachsenden Baumwollmengen her? Wie und unter welchen Bedingungen wurde sie global erzeugt? Welche Folgen hatte der amerikanische Bürgerkrieg und mit ihm die „Baumwollnot“ als Folge des Stillstands des Baumwollanbaus in den Südstaaten der Vereinigten Staaten für die Textilherstellung in Europa bzw. speziell im textilen Zentrum am Niederrhein? Was haben der deutsche Kolonialismus und die Baumwolle als wichtigstem Rohstoff des 19. Jahrhunderts miteinander zu tun? Wie waren Stadt, Kammer und Textilindustrie am deutschen Baumwollkolonialismus bis zum Beginn des ersten Weltkrieges 1914 beteiligt? Diesen Fragen geht der Referent in seinem
Vortrag nach.
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Vortrag 03:
Freitag / 10.06.2022 / 12:15 – 13:45 Uhr
Campus Mönchengladbach / Gebäude Z / Raum ZE 33 / + live in ZOOM
Vom Niedergang der Gladbach-Rheydter Textilindustrie
Karl Boland
Ende der 1920er Jahre sprach man in der Industrie- und Handelskammer von Mönchengladbach als „einer einzigen großen Textilfabrik“. Tatsächlich arbeiteten damals über 60% aller Arbeiter:innen im Gladbach-Rheydter Industriebezirk in der Textilindustrie. Nach dem Zweiten Weltkrieg ergab sich im Zeichen des „Wirtschaftswunders“ noch einmal eine große Konjunktur dieser Industrie, um dann ab den 1960er Jahren rasch dem Ende entgegen zu gehen. Einzelne bauliche Zeugnisse der alten Industrie sind als Fabrikgebäude im Stil des „Backsteinbarock“ heute im Stadtbild immer noch zu sehen.
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Vortrag 04:
Freitag / 17.06.2022 / 12:15 – 13:45 Uhr
Campus Mönchengladbach / Gebäude Z / Raum ZE 33 / + live in ZOOM
Die Textilindustrie und die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte
Prof.in Ursula Boos-Nünning
Die Entwicklung der Textilindustrie und die Einwanderung von ausländischen Arbeitskräften hängen eng zusammen. Der erste und bis heute entscheidendste Schritt, der zu einer Veränderung der ethnischen Zusammensetzung der Bürger und Bürgerinnen von Mönchengladbach führte, war nämlich die Einwanderung von Gastarbeitern und Gastarbeiterinnen. Ein großer Teil der ausländischen Arbeitskräfte, die von 1955 bis 1968 nach Mönchengladbach kamen, wurde von der Textil- und Bekleidungsindustrie angeworben, trotz stets wechselnder Konjunktur und trotz zahlreicher Aufgaben von Betrieben sowie Entlassungen.
Am Beispiel eines italienischen und eines türkischen Textilarbeiters können persönliche Lebensläufe verdeutlicht werden. Zum Schluss wird der Frage nachgegangen, wie sich die Textilarbeit in Mönchengladbach (auch) unter Berücksichtigung der Beschäftigung von migrantischen Arbeitskräften gestalten lässt.
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Vortrag 05: (ursprünglich Vortrag 6 am 01.07.22)
Freitag | 24.06.2022 | 12:15 – 13:45 Uhr
Campus Mönchengladbach / Gebäude Z / Raum ZE 33 / + live in ZOOM
Vom Industrieschloss bis zum Werk im Grünen – Textilindustrie-Architektur in Mönchengladbach
Hans Schürings
Meist sind es die architektonischen Relikte, die an ehemalige Konjunkturen oder Ären erinnern, so auch die baulichen Überbleibsel der mehr als 200-jährigen Textilindustrie in Mönchengladbach. Mitunter sind diese für das heutige Weichbild der Stadt immer noch verantwortlich, auch wenn die einst so charakteristischen Schlote und Produktionshallen zum größten Teil inzwischen geschleift wurden.
Ich möchte exemplarisch einige – teilweise nur rudimentär erhaltene - Beispiele der Textilindustrie-Architektur in Mönchengladbach vorstellen, die dazu beitrugen, Mönchengladbach nicht nur zum Zentrum der Baumwollindustrie zu machen, sondern die es ermöglichten, dass überhaupt erst die Stadtlandschaft entstand, wie wir sie heute kennen. Exemplarisch stehen im Vordergrund ein riesiger Backsteinbau, der bei der Eröffnung im Jahr 1856 als „größtes Industrieschloss Deutschlands“ galt: die Gladbacher Aktien-Spinnerei und Weberei, heute als Berufskolleg genutzt, sowie die 50 Jahre später nahezu im Zenit der textilen Produktion auf der grünen Wiese im heutigen Mönchengladbacher Stadtteil Rheydt-Morr entstandene Baumwollspinnerei des Unternehmers Emil Schmölder.
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Vortrag 06: (ursprünglich Vortrag 5 am 24.06.22)
Freitag | 01.07.2022 | 12:15 – 13:45 Uhr
Campus Mönchengladbach / Gebäude Z / Raum ZE 33 / + live in ZOOM
Der Kampf gegen die Tuberkulose als Krankheit nicht nur der (Textil-)Arbeiter:innen in Mönchengladbach
Karl Boland
In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg galt die Tuberkulose in Preußen und auch im Raum Mön- chengladbach als die große Infektionskrankheit, an der die meisten Menschen im Alter ab 15 Jahren starben. Ursächlich war für diese Infektion ein Bazillus, doch tatsächlich erkrankten daran vor allem unzulänglich ernährte Menschen, die in feuchten und staubigen Umfeldern arbeiteten und beengt wohnten. Also die Arbeiter:innenschaft. In Mönchengladbach bildeten sich schon vor 1900 Initiativen aus der Bürgerschaft, um präventiv gegen die Tuberkulose vorzugehen, bis dann im Jahre 1904 durch die Stiftung einer reichen Erbin die große Lungenheilklinik im Hardter Wald erbaut werden konnte.