Siemens Digital Power Plant Solutions

ML-Real-Time

Hochschule Niederrhein. Dein Weg.

Das IMH wurde 2015 in den Forschungsverbund AG-Turbo aufgenommen worden. Damit war die Hochschule Niederrhein zu dieser Zeit die erste Fachhochschule in dem Zusammenschluss aus Partnern aus Universitäten, Forschungszentren und der Industrie. Die AG-Turbo, gegründet vor 25 Jahren, ist eingebunden in die sogenannte COORETEC-Strategie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) die nun in die Energiewende-Plattform Forschung und Innovation des BMWi überführt werden wird. Prof. Roos ist darüber hinaus seit 2017 wissenschaftliches Mitglied in den beiden Forschungsnetzwerken "Flexible Energieumwandlung" und „Systemanalyse“ unter dem Dach der Energiewende-Plattform.

KI-Kooperation zwischen der HS Niederrhein und Siemens

Insgesamt 18 KI-Experten und Forscher des Instituts für Modellbildung und Hochleistungsrechnen (IMH) der Hochschule Niederrhein, der Bergischen Innovationsplattform für Künstliche Intelligenz der Universität Wuppertal und der Siemens Gas and Power GmbH & Co. KG trafen sich zur Auftaktveranstaltung am 17.01.2020 des dreijährigen BMBF-Programmes in der Förderlinie FHprofUnt mit einer Fördersumme von 1,2 Millionen Euro im Technopark der Siemens Gas and Power GmbH & Co. KG in Mülheim an der Ruhr. Die weltweit agierende Arbeitsgruppe „Probabilistic Design“ der Siemens Gas and Power GmbH & Co. KG als neue eigenständige Kraftwerks- und Energie-Sparte von Siemens, die in knapp einem Jahr an die Börse gebracht werden soll, hatte zu diesem Workshop eingeladen. In den neuen Räumen des DataLab des Siemens Technoparks soll von nun an in einem interdisziplinären Team, bestehend aus Mathematikern, Physikern, Informatikern und Ingenieuren zum Projektthema 

"Multivariate Machine-Learning-Algorithmen zur optimalen Auslegung und echtzeitfähigen Lebensdauerprognose von Kraftwerkskomponenten"

geforscht werden.

KI-Expertentreffen der Arbeitsgruppe Probabilistic Design der Siemens Gas and Power GmbH & Co. KG, der Bergischen Innovationsplattform für Künstliche Intelligenz der Universität Wuppertal und des Instituts für Modellbildung und Hochleistungsrechnen der Hochschule Niederrhein im DataLab, Siemens Gas and Power GmbH & Co. KG, Mellinghofer Straße in Mülheim an der Ruhr
Forscher des Instituts für Modellbildung und Hochleistungsrechnen (IMH) der Hochschule Niederrhein vor dem Turbosatz der Siemens Gas and Power GmbH & Co. KG, Rheinstraße in Mülheim an der Ruhr: Projektleiter Prof. Dr. Dirk Roos, Teilprojektleiter Prof. Dr. Peer Ueberholz und Prof. Dr. Georg Vossen und die wissenschaftlichen Mitarbeiter des Projektes im IMH: Dr. Robert Voßhall, Nicolai Friedlich, Can Bogoclu, Jens Gräbel und Kevin Cremanns.

Strategische Ziele der Hightech-Strategie 2025, die gleichsam die Leitthemen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie darstellen, sind u.a. die Erforschung von Schlüsseltechnologien für die sparsame, effiziente und sichere Energieversorgung. Vor dem Hintergrund des Klimaschutzes ergeben sich daraus neue technische Herausforderungen. Berücksichtigt werden müssen erhöhte Anforderungen an die Emissionen bezüglich treibhausrelevanter Klimagase ebenso wie die Gewährleistung einer uneingeschränkten Versorgungssicherheit auch bei stark volatiler Stromeinspeisung. Diese ambitionierten Herausforderungen stehen unmittelbar im Fokus der Forschungsinhalte des Verbundforschungsvorhabens, in dem nicht nur ein optimaler Betrieb einzelner Anlagen durch neue, echtzeitfähige KI-Algorithmen, sondern auch die nachhaltige Integration erneuerbarer Energieträger in die Netzinfrastruktur vorgesehen sind.

Um Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit miteinander in Einklang zu bringen, ist eine zielgerichtete, kontinuierliche und anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung insbesondere auf dem Gebiet der Kraftwerkstechnik notwendig. Dabei sind sowohl Gas- und Dampf- (GuD)-Kraftwerke in ihrer weiten Leistungsspanne als auch Kleinanlagen in Form von z.B. Blockheizkraftwerken und deren Einbindung in sogenannte „smart grids“ prädestinierte Partner der erneuerbaren Energien. Durch den zunehmenden Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien steigen die Anforderungen an die Flexibilisierung der Fahrweisen konventioneller Kraftwerke stetig. Die klassischen, deterministischen Auslegungsmethoden mit konservativ akkumulierten Worst-Case Annahmen zeigen sich angesichts dessen zunehmend als nicht mehr wirtschaftlich. Um die wechselnden vorherrschenden Betriebsbedingungen genauer in der Simulation abbilden zu können, zum Beispiel durch einen digitalen Zwilling (engl. Digital Twin), sind üblicherweise extrem rechenaufwändige Modelle notwendig. Diese numerische Komplexität und die damit verbundene Rechenzeit kann mittels Einsatz effizienter Machine-Learning-Algorithmen des IMH deutlich reduziert werden.

Dampfturbine der Siemens Gas and Power GmbH & Co. KG. Die neuen toleranzrobusten, mathematischen Optimierungsmethoden des IMHs führen zu einer Verkürzung der Entwicklungs- und Herstellungszeiten durch digitale Simulationen und zu besseren Kraftwerkskomponenten

Der in den drei, von der Siemens AG, dem BMWi und dem BMBF ab 2013 geförderten, Vorgängerprojekten entwickelte, neuartige Ansatz zur expliziten Berücksichtigung von z.B. zeitlichen und/oder räumlichen Zusammenhängen von multivariaten Simulationsergebnissen wie etwa Spannungs- oder Temperaturfeldern, oder auch Lebensdauerverbrauchsraten, bietet bei der Auslegung und Optimierung von Komponenten ein erhebliches Verbesserungspotential der Vorhersagegüte. Somit wird z.B. eine realistischere Lebensdauerprognose ermöglicht, die wiederum für eine Optimierung des Betriebs wesentliche Grundlage ist. Anwendungsgebiete dieser Art sind dabei nicht auf den konventionellen Kraftwerksbau beschränkt, sondern vielmehr finden sich ähnliche Problemstellungen ebenfalls in allen entsprechenden Bereichen des Energiemanagements.

Die wissenschaftliche Erforschung neuer mathematischer Methoden soll an der HN mit anschließenden Transfer und Transformation der Forschungsergebnisse zum Energiebereich der Siemens Gas and Power GmbH & Co. KG, als der weltweit führende Anbieter des kompletten Spektrums an Produkten und Dienstleistungen für die Energieerzeugung, erfolgen.

Die zu entwickelnden Machine-Learning-Ansätze ermöglichen ad-hoc-Optimierungen, was somit die große Chance bietet, bei der Vielzahl bereits existierender Anlagen als Maßnahmen zum Einsatz zu kommen. Somit ist ein großes Potential gegeben, kurzfristig die Energieeffizienz bestehender Anlagen zu steigern und Emissionen zu verringern.

Im Rahmen des Forschungsvorhabens soll an ausgesuchten GuD-Kraftwerken und deren Komponenten demonstriert werden, dass eine optimierte Auslegung und Betrieb realisiert werden kann. Die neuen Optimierungsmethoden führen letztlich zu einer Steigerung der Effizienz von Turbomaschinen bei niedrigen Emissionen auch im Teillastbetrieb, niedrigsten Lebenszykluskosten und reduzierten Investitionskosten pro kW bei gleichzeitiger Gewährleistung einer hohen Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit. Weiterhin führt die Einführung dieser Auslegungsmethoden nicht nur zu einer nachhaltigen Energieversorgung, sondern auch zu einer erhöhten Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Turbomaschinenindustrie mit mittelbarer und auch unmittelbarer Wirkung.

 

Auf der Basis so genannter Cyber-Physischer-Systeme (CPS) werden dynamische, echtzeitfähige und selbstorganisierende Wertschöpfungsketten der Kraftwerke gestaltet, die sich nach verschiedenen Zielgrößen, wie beispielsweise Kosten, Verfügbarkeit, Energie- und Ressourcenverbrauch, Flexibilität, Durchlaufzeit etc. optimieren lassen. CPS können über Softwarewerkzeuge Informationen und Wissen aus realen Zustands- und Prozessdaten nutzen und über anwendungsspezifische Engineering-Applikationen ein digitales, virtuelles Abbild der physikalischen Kraftwerksysteme simulieren. Jede Änderung einer Komponente kann dabei in das virtuelle Abbild zurückgespielt werden

In den Industrie-4.0-Anwendungen der Siemens Gas and Power GmbH & Co. KG werden auf der Basis sogenannter digitaler Zwinglinge ein Cyber-Physischer-System modelliert, die mithilfe echtzeitfähiger Machine-Learning-Algorithmen des IMHs optimiert werden können.

Somit bekommen physische Produkte ein zugeordnetes, numerisches Modell, das im Aktionsfeld Industrie 4.0 auch als digitaler Zwilling bezeichnet wird. CPS können in Komponenten, Maschinen und Anlagen integriert werden, die sich durch Selbstoptimierung und Rekonfiguration an sich ändernde Betriebsbedingungen anpassen können. Typische Anwendungen für solche Systeme sind das Condition Monitoring und Predictive Maintenance. Als Schlüsseltechnologie für die Entwicklung von CPS gilt das maschinelle Lernen. Machine Learning befasst sich mit der automatisierten Entwicklung von Metamodellen basierend auf empirischen Daten bzw. Trainings-Daten. Ein künstliches System, wie das CPS lernt aus Beispielen und kann diese nach Beendigung der Lernphase verallgemeinern. Statt teurer Prototypen und langwieriger Versuchsketten lassen sich mit Digital Twins anhand von Machine-Learning-Algorithmen datenbasierten Optimierungen oder stochastische Analysen innerhalb kürzester Zeit durchspielen, Lösungsstrategien entwickeln und verwerfen, Verbesserungsmöglichkeiten ausloten und umsetzen.

 

Dies gelingt in einer wissenschaftlichen Kooperation mit Prof. Dr. Hanno Gottschalk, Vorstand der Bergischen Innovationsplattform für Künstliche Intelligenz. An der Bergischen Universität Wuppertal sollen zudem die, in dem Projekt vorgesehenen, kooperativen Promotionen durchgeführt werden. Gemeinsam mit weiteren Forschern des IMHs, Herrn Prof. Dr. Georg Vossen im Bereich der Optimalsteuerung und Herrn Prof. Dr. Peer Ueberholz im Bereich Neuronaler Netze, werden die Kompetenzen zu einem gemeinsamen Forschungsschwerpunkt erweitert. Dessen Ziel ist die Entwicklung sicherer, zuverlässiger und optimaler Designs, Produkte und Prozesse unter gleichzeitiger Berücksichtigung der unvermeidbaren, streuenden Einwirkungen und Systemeigenschaften.

Die nachhaltige wirtschaftliche Verwertbarkeit dieser Forschungsergebnisse für Siemens Gas and Power GmbH & Co. KG wird als sehr hoch angesehen, da die zu erforschenden Methoden nicht nur für die Entwicklung neuer effizienter, kostengünstigerer und langlebigerer Kraftwerkskomponenten, sondern darüber hinaus für eine Verbesserung beliebiger technischer Systeme an allen Standorten der Siemens Gas and Power GmbH & Co. KG verwendet werden können.

Das Verbundforschungsprojekt ML-Real-Time wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über das VDI Technologiezentrum als Projektträger des BMBF für das Förderprogramm FHprofUnt 2018 (Förderkennzeichen. 13FH174PX8) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages und durch die Siemens Gas and Power GmbH & Co. KG finanziell gefördert.