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Cooles Kulturgut oder Innovationsbremse: Diskussion zum deutschen Reinheitsgebot

Mönchengladbach, 10. März. Es ist älter als die Menschenrechte und vielen Bierbrauern mindestens genauso wichtig: das deutsche Reinheitsgebot. Gestern diskutierten am Fachbereich Oecotrophologie der Hochschule Niederrhein Bierbrauer, Lebensmittelwissenschaftler und ein Lebensmittelkontrolleur den Nutzen des Reinheitsgebots beim deutschen Bier. Anlass war die Jahrestagung der Lebensmittelchemischen Gesellschaft (LChG). Hintergrund: Am 23. April 1516 wird das Reinheitsgebot 500 Jahre alt.

 

Obwohl das Gebot aus einer Zeit stammt, in der Lebensmittelknappheit herrschte und man verhindern wollte, dass Getreide statt zum Brotbacken zum Bierbrauen verwendet wurde, gilt es den Brauern heute nach wie vor als Garant für die deutsche Brauqualität – und keineswegs als Innovationshemmnis. „Wir schaffen es, mit den erlaubten Zutaten tausende unterschiedliche Biere zu brauen“, sagte Michael Hollmann, Geschäftsführer der Brauerei Bolten in Korschenbroich.

 

Und Heinrich Hartwigsen, Leiter der Qualitätssicherung bei der Brauerei Oettinger in Mönchengladbach ergänzte: „Mit der Verwendung neuer Hopfensorten bleiben wir im Rahmen des Reinheitsgebotes innovativ.“ Das Reinheitsgebot, so der Tenor gestern, ist für die Brauer ein unbezahlbares Qualitätssiegel, was sie hervorragend für nationale und internationale Marketing-Zwecke verwenden können.

 

Tatsächlich, so zeigte eine zur Diskussion gestellte Umfrage unter deutschen Biertrinkern, hat das Reinheitsgebot auch unter jungen Menschen einen hohen Stellenwert. Zwar sinkt die Bedeutung des Gebots mit dem Lebensalter – aber nicht so stark wie man meinen könnte. Über 60 Prozent der 17- bis 29-Jährigen halten es für sehr wichtig oder wichtig.

 

Anderer Auffassung waren die Vertreter der Lebensmittelwissenschaft. Henning Schmidt, Doktorand am Institut für Lebensmittelchemie in Münster, stellt fest, dass bei Partys zunehmend Biermixgetränke angesagt sind oder ausländische Biere. „Ich kann mir vorstellen, dass das deutsche Bier durch die Zulassung anderer Getreidearten, von Gewürzen oder Honig vielfältiger und besser werden würde.“  

 

Prof. Dr. Georg Wittich, Dekan am Fachbereich Oecotrophologie der Hochschule Niederrhein, hat mit Studierenden ein Brotbier entwickelt, was deswegen besonders innovativ ist, weil es die Wegwerfmentalität bei Lebensmitteln aufgreift. Dabei wird Brot, was jährlich tonnenweise weggeworfen wird, obwohl es noch zum Verzehr geeignet ist, als Malzersatz verwendet. Eine interessante Lösung vor dem Hintergrund der Einführung des Reinheitsgebots vor 500 Jahren.

 

Dennoch: Die Zeiten haben sich geändert, das Reinheitsgebot ist geblieben. Das „Brotbier“ dürfte, würde es in Mengen produziert, in Deutschland nicht als Bier vertrieben werden.

 

Pressekontakt: Dr. Christian Sonntag,  Referat Hochschulkommunikation der Hochschule Niederrhein: Tel.: 02151 822 3610; E-Mail: christian.sonntag@hs-niederrhein.de


Autor: Christian Sonntag