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Prof. Dr. Volker Peinelt

Schulessen in NRW: Hochschule Niederrhein testet anhand des Auskunftsverfahrens

Mönchengladbach, 28. Januar. Wie gut ist das Essen in den Gymnasien in Nordrhein-Westfalen? Die Landeselternschaft (LE) der Gymnasien in NRW wollte das genauer wissen und suchte den Kontakt zu Prof. Dr. Volker Peinelt am Fachbereich Oecotrophologie der Hochschule Niederrhein. Vor rund einem Jahr hatte Peinelt den Schulen in Deutschland in Sachen Schulessen ein verheerendes Zeugnis ausgestellt. Über 90 Prozent der Schulen in Deutschland erfüllten die Qualitätsstandards an gesundes Essen nicht, so Peinelt damals.

 

Bei der von Landeselternschaft und Hochschule Niederrhein gemeinsam durchgeführten Aktion ging es darum, einen Überblick über die Speisenqualität an möglichst vielen Gymnasien in Nordrhein-Westfalen zu gewinnen. Die Schulen wurden aufgefordert, Fragebögen zur von ihnen praktizierten Schulverpflegung auszufüllen. Es handelt sich hierbei um eine nicht von der Hochschule Niederrhein kontrollierte Selbstauskunft. Diese wurden anonymisiert an Volker Peinelt weitergeleitet, der diese auswertete – die Ergebnisse liegen jetzt vor.

 

Um es vorab zu sagen: Die Gymnasien in Nordrhein-Westfalen machen vieles richtig bei der Schulverpflegung. Beispielsweise wird in allen Schulen täglich Gemüse serviert. Dennoch reicht es nur in Ausnahmefällen für eine Kochmütze. „Die meisten Anforderungen werden erfüllt“, sagt Peinelt. Bei den Themen Lagerung, Speiseplan, Essensausgabe, Speisesaal, Geschirr und Entsorgung erreichen die Schulen rund 80 Prozent der geforderten Anforderungen. „Betrachtet man nur die Punktzahlen in diesen Bereichen, könnten 90 Prozent der Schulen zertifiziert werden“, sagt Peinelt.

 

Aber der Ernährungswissenschaftler vergibt das Zertifikat der Kochmützen nur dann, wenn neben einer bestimmten Punktzahl alle „Kategorie-3-Fragen“ mit ja beantwortet werden. Diese K.O.-Fragen zielen beispielsweise auf die Vollwertigkeit der Speisen, Hygienekonzepte, Warmhaltezeiten, Reklamationsmanagement oder Arbeitssicherheitskonzepte. „Wenn eine dieser Anforderungen nicht erfüllt wird, kann dies gravierende Folgen haben“, sagt Peinelt. Zum Beispiel gebe es in über 50 Prozent der Schulen keine Regelung, wie mit Beschwerden umzugehen ist. „Wie soll dann die Qualität verbessert werden?“, fragt der Wissenschaftler. Noch schwerwiegender ist ein fehlendes Hygienekonzept, insbesondere beim Personal, was nicht selten der Fall war.

 

Im Ergebnis erreichen aufgrund der unzureichenden Antworten auf die K.O.-Fragen der Selbstauskunft 80 Prozent der Gymnasien in NRW nicht die Zertifizierungsreife. Wenn die Antworten aber noch überprüft und Nachweise bewertet würden, was wegen des erheblich höheren Aufwands im Rahmen der Studie nicht möglich war, dürfte der Anteil derjenigen Gymnasien in NRW, die die Standards an gesundes Schulessen nicht erfüllen, eher bei 90 Prozent liegen. 

 

Von den 570 Gymnasien, die in der LE NRW organisiert sind, nahmen 45 Schulen an dem Auskunftsverfahren teil. Von diesen 45 Schulen bereiten acht das Essen selbst zu. Auch diese Schulen schnitten nicht besser ab. Nur zwei der acht Schulen könnten aufgrund des Auskunftsverfahrens mit Kochmützen rechnen. Das Gymnasium Am Ölberg in Königswinter stellte eine erfreuliche Ausnahme dar: Es erfüllte alle Anforderungen in hervorragender Weise und wäre, eine bestandene  Überprüfung vorausgesetzt, mit drei Kochmützen ausgezeichnet worden. Die gesamte Studie ist auf der Homepage der AGS ("Downloads", Sonstiges) zu finden: www.ag-schulverpflegung.de.

 

Peinelt fordert eine breit angelegte und aussagefähige Zertifizierung, wie sie von der AG-Schulverpflegung der Hochschule Niederrhein schon seit vielen Jahren angeboten wird. Sie sollte verbindlich für alle Schulen vorgeschrieben werden. „Würde man die Kosten für eine solche flächendeckende Zertifizierung auf den Essenspreis umlegen, müsste das Essen nach unserem Konzept nur um etwa einen Cent teurer werden“, sagt Peinelt. Gerade bei bargeldlosen Zahlungssystemen sei dieser Aufschlag problemlos umzusetzen.

 

„Für eine Verbesserung der Schulverpflegung kommt es darauf an, noch mehr auf die Professionalisierung zu achten“, sagt Peinelt. Nicht zuletzt fordert er, dass der Staat die für Deutschland optimalen Kostsysteme, nämlich die temperaturentkoppelten, fördern sollte. Die häufig zu hörende Forderung nach sogenannter Frischkost sei hierzulande aus verschiedenen Gründen leider nicht realisierbar.

Autor: Christian Sonntag