Alumni
Geschichten und Erinnerungen

Hochschule Niederrhein. Dein Weg.
Alumnus Strunden

Stefan Strunden | HSNR 1988 - 1992

Heute: Kunst im öffentlichen Raum, Malerei, Wandbilder

Neulich bin ich nach Krefeld gefahren, um die Ausstellungeröffnung „Auf Freiheit zugeschnitten“ im Kaiser Wilhelm Museum zu besuchen. Abends noch einen Schlenker über die Petersstraße hat mich in großes Erstaunen versetzt...

Der große Parkplatz, der als Freifläche zu meiner Studienzeit für eine Modeschau hergehalten hat und für andere Ausstellungen oder FH Feste, war überbaut, alles sah so anders aus. In der kleinen Nebenstraße fehlte der Laden, geführt von einem älteren Pärchen, in dem ich Malutensilien gekauft habe, DinA2 Bögen 80 gr für 10 Pfennig, die wir stapelweise in unsere Mappe geladen haben. Das war für den legendären Portrait-Kurs von Frau Zaiser.

Sie entsprach übrigens dem selbstbestimmten Künstlertypus, der in der oben erwähnten Ausstellung beschrieben wurde, exzentrisch und genial, und stach damit aus dem Lehrkörper heraus.

Frau Zaiser war der Grund, wieso ich auf die FH gekommen bin, schon pensioniert, konnte sie als ehemalige Professorin noch Prüfungen abnehmen. Sie war der Geheimtipp der Schule, und eine kleine Schar von Eingeweihten versammelte sich um sie herum. Wir pilgerten zu den verschiedenen Kursen in der Woche. Mittwochs in der dritten Etage zum Aktzeichnen, oder mangels Modell Portraitzeichnen im großen Saal, der bevor es losging, aufwendig umgebaut wurde. Ein großes Tischband schlang sich U-förmig um das Modell, die Zeichnenden rotierten, um von jedem Platz aus einer neuen Perspektive das Modell zu zeichnen. Es wechselten 2, 10, und 20 min Sitzungen, in denen Frau Zaiser gebetsmühlenartig ihre Kommentare durch den Raum schrie. Wenn man zu den älteren Jahrgängen oder zu den Schätzchen gehörte, bekam man Korrekturen, die in die Zeichnungen fahrig reingeschrieben wurden.

Es galt das Papier bis zur Holzunterlage durchzuarbeiten und notdürftig mit einem Fetzen wieder zusammengekleistert, ging die Arbeit weiter. Bleistift, Kohle, Tusche, Aquarelle, aber Radiergummi verboten, immer auf dem dünnen Papier. Der Prozess zählte und das Ergebnis rückte in den Hintergrund. Um im Portraitkurs zugelassen zu werden, wurden in Bleistiftstudien und später in Farbstudien ausgewählte Gegenstände wie Herbstblätter, Zwiebeln, Makrelen gezeichnet und eine sehr feine Art der Farbwahrnehmung geschult, von der ich in meiner Arbeit bis heute geprägt bin. Tierskizzen im Zoo, sowie Exkursionen zum Zirkus, wenn er mal in Krefeld campierte, erweiterten ihr Repertoire der Vermittlung von spontanen, schnellen Bewegungsskizzen.  Frau Zaiser war eine Institution, sie stellte eine kleine Akademie in der Peterstraße dar.